FOCUS ONLINE Gesundheit - "Analyse aus Großbritannien - Alle diskutieren über 2. Lockdown: Mega-Studie zeigt, welche Maßnahme am meisten bringt"
"Dienstag, 27.10.2020, 19:17
Keiner will den erneuten Lockdown – doch die Frage ist, ob die politischen Entscheidungsträger ihn bei weiter steigenden Infektionszahlen für unausweichlich halten. Wie wirksam verschiedene Maßnahmen sind, haben britische Forscher jetzt untersucht.
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Für ihre in der Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlichte Studie untersuchten sie die R-Werte von insgesamt 131 Ländern im Zeitverlauf für Januar bis Juli – und setzten sie in Zusammenhang mit den jeweils eingeführten und wieder abgeschafften Corona-Maßnahmen.
Acht Maßnahmen und deren Einfluss auf den R-Wert untersuchten sie:
- Schulschließungen
- das Schließen von Büros und Arbeitsstätten
- das Verbot von öffentlichen Veranstaltungen
- das Verbot von Zusammenkünften von mehr als zehn Menschen
- das Einstellen der öffentlichen Verkehrsmittel
- Ausgangsbeschränkungen
- nationale Reisebeschränkungen
- internationale Reisebeschränkungen
Das Ergebnis: Den R-Wert - also den Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt - konnte das Verbot öffentlicher Veranstaltungen am stärksten verringern. Und zwar um bis zu 24 Prozent innerhalb von vier Wochen. Die Maßnahme ist auch die einzige, für die die Wissenschaftler einen signifikanten Effekt nachweisen können. Das heißt: Die Irrtumswahrscheinlichkeit ist bei dieser Einschätzung sehr gering.
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Doch auch das Verbot von Zusammenkünften von mehr als zehn Personen abseits von Events senkte den R-Wert ähnlich stark. Schulschließungen wirkten sich in der Studie ebenfalls positiv auf den Reproduktionwert aus: Im Mittel konnten sie ihn um bis zu 15 Prozent senken. Auch für das Schließen von Büros und anderen Arbeitsstätten konnten die Forscher einen positiven Einfluss auf R feststellen (13 Prozent).
Weniger hilfreich der Studie zufolge: Ausgangsbeschränkungen und das Einstellen des öffentlichen Transports. Beide Maßnahmen reduzierten den R-Wert nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Auswirkungen auf den R-Wert zeigten sich erst nach mehr als einer Woche
Das Forscherteam um You Li von der University of Edinburgh betont, dass der Einfluss der Maßnahmen nie sofort sichtbar sei. Im Schnitt dauerte es bei jeder Maßnahme etwa acht Tage bis sich 60 Prozent der maximal beobachteten Reduktion von R in den Zahlen zeigten. Wurden Maßnahmen wieder gelockert, machte sich der Effekt sogar erst noch später in den Daten bemerkbar: Dann zeigte sich die entsprechende Veränderung durchschnittlich erst nach mehr als zwei Wochen (17 Tage), schreiben die Forscher.
Besonders stark im Maßnahmen-Vergleich nach ihrer Lockerung wieder gestiegen, sind die Fallzahlen nach der Wiedereröffnung der Schulen. [...]
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Den vollständigen Artikel siehe unter der Quelle:
https://www.focus.de/gesundheit/news/ana...d_12589079.html
Den Forschungsartikel zur Studie dazu finden Sie unter:
THE LANCET Infectious Diseases - "The temporal association of introducing and lifting non-pharmaceutical interventions with the time-varying reproduction number (R) of SARS-CoV-2: a modelling study across 131 countries"
THE LANCET Infectious Diseases - "Die zeitliche Assoziation der Einführung und Aufhebung nicht-pharmazeutischer Interventionen mit der zeitlich variierenden Reproduktionszahl ( R ) von SARS-CoV-2: eine Modellstudie in 131 Ländern"
https://www.thelancet.com/journals/lanin...0785-4/fulltext
Kommentar
Leider hat man bei der Untersuchung einen entscheidenden Punkt zu untersuchen vergessen, nämlich die Schließung von Kneipen, Bars und Clubs, in denen unter Alkoholeinfluss gleich massenhaft gegen die notwendigen Corona-Regeln verstoßen wurde und wird. Das ist sehr bedauerlich und meines Erachtens auch sehr nachlässig und wirft leider einen deutlichen Schatten auf die Untersuchung.