FOCUS ONLINE Gesundheit - "Checkliste von Virologe Streeck und Aerosol-Experten - Lüftung statt Lockdown: Wo die Corona-Gefahr im Winter hoch ist - und wo nicht"
"Montag, 18.10.2021, 10:02
Corona-Viren werden durch Aerosole übertragen. Draußen ist die Gefahr minimal, doch in schlecht belüfteten engen Räumen ziemlich hoch. Der Virologe Hendrik Streeck, Aerosol-Forscher und Lungenmediziner haben einen "Lufthygiene"-Guide veröffentlicht.
[...]
Auch Geimpfte sollten vorsichtig sein
Der wesentliche Faktor dabei, auf den auch das RKI regelmäßig hinweist: Im Herbst und Winter verlagert sich unser Leben in Innenräume, und dort ist das Ansteckungrisiko viel höher als im Sommer, wo man sich viel draußen aufhält.
Der Virologe Hendrik Streeck hat jetzt zusammen mit dem Aerosol-Forscher Gerhard Scheuch, den Lungen-Medizinern Thomas Voshaar und Dieter Köhler sowie den Lüftungs- und Gebäude-Experten Achim Keune und Rüdiger Külpmann ein Papier namens "Der Lufthygiene-Check: Sichere Räume in einer Pandemie" herausgebracht. Das über viele Monate hinweg erarbeitete Papier fasst kompakt den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen und macht konkrete Angaben, wo man einer höheren Infektionsgefahr ausgesetzt sei.
Experten um Hendrik Streeck: Lüften statt Lockdown
Die Experten betonen, dass man trotz positiver Entwicklungen bei Atemwegsinfektionen wegen Corona weiter wachsam sein sollte: "Das wird auch geimpfte Personen betreffen, nicht zuletzt, weil sich das Virus ständig verändert. Derzeit ist noch unklar, inwieweit SARS-CoV2-Geimpfte und dennoch Infizierte das Virus weitergeben können. Eine Impfung schützt daher in erster Linie vor einem schweren Verlauf und die Infektionen verlaufen deutlich milder", so die Wissenschaftler.
[...]
Warum Aerosole so tückisch sind
Weiter heißt es dort: "Innenräume sind der zentrale Infektionsort. An der Außenluft gibt es keine relevante Ansteckungsgefahr (<0,01% im Vergleich zu Innenräumen). Die Ursache ist in dem vom Menschen erzeugten Vertikalflow durch die warme Ausatemluft und die Körperwärme zu finden (bis zu 100m³/h), der die abgeatmeten Aerosole stark verdünnt. Windströmung draußen verdünnt die Konzentration zusätzlich."
[...]
"Je länger sich ein Infektiöser in einem Raum befindet, desto stärker steigt die Aerosol-Konzentration. Und sie ist auch dann noch da, wenn derjenige den Raum schon längst verlassen hat. Wenn dann irgendjemand diesen Raum betritt, kann er sich infizieren. Das ist das Tückische: Man kann sich infizieren, ohne dass man den Überträger überhaupt getroffen hat.
[...]
Allerdings besteht die Gefahr nur dann, wenn sich die Aerosole überhaupt in ausreichender Menge im Raum ansammeln können. Die Experten verstehen ihre Einteilung der Innenräume nach Infektionsgefahr in "sehr geringes Risiko" bis "sehr hohes Risko" nach eigenen Angaben als "praktische Handlungsanleitung für das alltägliche Leben."
Quelle: Der Lufthygiene-Check: Sichere Räume in einer Pandemie
Experten rund um den Virologen Hendrick Steeck zeigen, wo in Innenräumen die Infektionsgefahr hoch
ist und wo nicht.
1 Punkt: sehr geringes Risiko; 2-6 Punkte: geringes Risiko; 6-10 Punkte: mittleres Risiko; 11-15 Punkte:
hohes Risiko; 15-19 Punkte: sehr hohes Risiko.
Liegen keine CO2- oder Aerosol-Konzentrationsmessungen vor, dann sollten jeweils 0 Punkte eingetragen werden
Der Punkte-Check: Wann ist das Risiko hoch und wann nicht?
In einem Punkte-System (siehe Tabelle) lassen sich die Räume in verschiedene "Risiko-Klassen" einteilen. Je nach Risikofaktor werden bis zu vier Punkte vergeben oder auch abgezogen. Liegen keine CO2- oder Aerosol-Konzentrationsmessungen vor, dann sollten in die Tabelle jeweils einfach 0 Punkte eingetragen werden. Folgende Faktoren spielen eine Rolle:
1. Anzahl der Personen, die sich in einem unbelüfteten Raum aktuell aufhalten oder sich bis vor kurzem aufgehalten haben können. "Mit der Anzahl der Personen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Infizierter im Raum befindet und je mehr Menschen im Raum sind, umso mehr können sich potenziell infizieren", so die Experten.
2. Aufenthaltszeit. "Durch eine infektiöse Person im Raum steigt die Konzentration der Viren in der Zimmerluft mit der Zeit und je länger sich nicht infizierten Personen in dem Raum aufhalten, desto mehr Viren inhalieren sie", so die Wissenschaftler.
3. Volumen des Raumes. Je größer der Raum, umso geringer ist die Konzentration der Viren im Raum.
4. Raumhöhe. "Durch den vom Menschen erzeugten Vertikal-Flow sind hohe Räume besonders sicher, denn die abgeatmeten virushaltigen Aerosole bewegen sich nach oben", heißt es in dem Papier. Das bedeutet, dass in hohen Räumen - etwa Supermärkten, Turnhallen, etc. - das Risiko um ein Vielfaches geringer als etwa in einer engen Kneipe.
5. Effektivität der Lüftung. Die Frischluftmenge, die dem Raum zugeführt wird, verdünnt die Aerosole. "Bei Fensterlüftung hängt das insbesondere von der Temperaturdifferenz drinnen/draußen und der Windbewegung ab. Je größer die Temperaturdifferenz, desto größer der Effekt. Allerdings steigt dann auch der Energieverbrauch durch die Abkühlung", so die Experten.
6. Effektivität von Raumluftreinigungsgeräten.
7. Dauerhaftigkeit und Effektivität von Masken, die von den Personen im Raum getragen werden. "Schutzschilde sind wirkungslos, da die infektiösen Aerosole dadurch nicht an der Ausbreitung im Raum gehindert werden", betonen die Wissenschaftler. Die Effektivität von Masken im Alltag ist umstritten, wie sich an der Diskussion um den Sinn und Unsinn von FFP2-Masken in Bayern gezeigt hat . Fest steht jedenfalls: Nur eine Maske, die auch dicht sitzt, kann bei einer Aerosol-Übertragung ihren Zweck auch gut erfüllen.
8. Atemfrequenz und Atemtiefe der infizierten und nicht infizierten Personen im Raum. "Vermehrte Ventilation entsteht z. B. bei körperlicher Arbeit, Sport und Singen", so die Wissenschaftler.
[...]
2G-Regel im Supermarkt?
[...]
Der "Super-Gau" für Infektionen sind enge, schlecht belüftete Kneipen oder Diskotheken mit vielen Personen, die auch noch laut reden oder singen. Wie sich in der Praxis bereits gezeigt hat, gab es in solchen Örtlichkeiten selbst bei Veranstaltungen, bei denen die 2G- oder 3G-Regel galt, Corona-Ausbrüche.
Drinnen Gefahr, draußen nicht: Das Robert-Koch-Institut benennt klar die Orte, an denen sich Menschen
mit dem Coronavirus infizieren. Im Freien haben die Menschen fast nichts zu befürchten
Vorsicht in Toiletten, Fahrstühlen, Bus und Bahn
[...]"
Siehe ausführlich dazu die Quelle:
https://www.focus.de/gesundheit/coronavi...d_24340093.html