Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie Pressemitteilungen - "Hochwirksame und stabile Nanobodies stoppen SARS-CoV-2"
"27. JULI 2021
Ein Göttinger Forscherteam hat Mini-Antikörper entwickelt, die das Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen gefährliche neue Varianten effizient ausschalten. Die sogenannten Nanobodies binden und neutralisieren das Virus bis zu 1000 Mal besser als zuvor entwickelte Mini-Antikörper. Zudem konnten die Wissenschaftler*innen die Mini-Antikörper so weit perfektionieren, dass sie sehr stabil sind und extreme Hitze unbeschadet überstehen. Diese einzigartige Kombination macht sie zu einem vielversprechenden Wirkstoff, um COVID-19 zu behandeln. Da sich Nanobodies kostengünstig und schnell in großen Mengen herstellen lassen, könnten sie sogar den weltweiten Bedarf an COVID-19-Medikamenten decken. Sie werden aktuell für klinische Tests vorbereitet.
Antikörper helfen unserem Immunsystem, Krankheitserreger abzuwehren: Sie binden an Viren und machen sie unschädlich – im Fachjargon spricht man hier von „neutralisieren“. Antikörper lassen sich auch industriell herstellen und akut Erkrankten verabreichen. Dann wirken sie wie ein Medikament, lindern Beschwerden und verkürzen Krankheitsverläufe. Dies ist etwa bei Hepatitis B oder Tollwut etablierte Praxis. Auch bei COVID-19-Infizierten kommen Antikörper als Wirkstoff zum Einsatz. Das Problem: Antikörper industriell zu produzieren, ist so aufwändig und teuer, dass sich die weltweite Nachfrage nicht abdecken lässt. Nanobodies könnten hier eine Lösung sein.
Wissenschaftler*innen des Göttinger Max-Planck-Instituts (MPI) für biophysikalische Chemie und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben jetzt Mini-Antikörper entwickelt, die alle Eigenschaften besitzen, die man von einem wirksamen Medikament gegen COVID-19 erwarten würde. „Sie vereinen erstmals extreme Stabilität und höchste Wirksamkeit gegen das Virus und dessen Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Varianten“, betont Dirk Görlich, Direktor am MPI für biophysikalische Chemie.
Die Abbildung zeigt, wie zwei der neuentwickelten Nanobodies (blau und magenta) an die Rezeptor-Bindedomäne (grün) des
Coronavirus-Spike-Proteins (grau) binden und dadurch die Infektion mit SARS-CoV-2 und dessen Varianten verhindern können.
Thomas Güttler / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie
Dabei unterscheiden sie sich auf den ersten Blick kaum von Mini-Antikörpern gegen COVID-19 aus anderen Laboren. Sie alle richten sich gegen einen entscheidenden Teil des Coronavirus: die Rezeptor-Bindedomäne – jenen Bereich des Spike-Proteins auf seiner Oberfläche, mit dem das Virus seine Wirtszellen erkennt und in sie eindringen kann. Die Nanobodies heften sich an die Bindedomäne, blockieren sie und verhindern so, dass das Virus Zellen infiziert.
„Unsere Nanobodies halten Temperaturen von 95°C aus, ohne zerstört zu werden oder Aggregate zu bilden“, erklärt Matthias Dobbelstein, Professor und Direktor des Instituts für Molekulare Onkologie an der UMG. „Das sagt uns zum einen, dass sie im Körper lange genug aktiv bleiben könnten, um zu wirken. Zum anderen lassen sich temperaturstabile Nanobodies viel einfacher herstellen, verarbeiten und lagern.“
Einer-, Zweier- und Dreierpack
Bereits die einfachsten Mini-Antikörper der Göttinger binden bis zu 1000 Mal stärker an das Spike-Protein als zuvor entwickelte Nanobodies gegen COVID-19. Sie binden zudem sehr gut an die mutierten Rezeptor-Bindedomänen der Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Stämme. „Unsere einfachen Nanobodies eignen sich möglicherweise dafür, inhaliert zu werden, um so das Virus in den Atemwegen einzudämmen“, so Dobbelstein. „Da sie sehr klein sind, können sie zudem leicht ins Gewebe eindringen und das Virus direkt am Infektionsort an einer weiteren Ausbreitung hindern.“
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Alpakas liefern Baupläne für Mini-Antikörper
„Nanobodies stammen aus Alpakas und sind deutlich kleiner und einfacher aufgebaut als herkömmliche Antikörper“, berichtet Görlich. Um die Nanobodies gegen SARS-CoV-2 herzustellen, injizierte das Team den drei Alpakas Britta, Nora und Xenia aus der Herde am Göttinger MPI mehrmals einen Teil des Spike-Proteins. Die Tiere bildeten daraufhin Antikörper gegen diesen Proteinteil. Nach der letzten Injektion entnahmen die Forscher*innen den Tieren eine kleine Menge Blut. Für die Alpakas war ihr Einsatz damit beendet, die weiteren Schritte erfolgen mithilfe von Enzymen, Bakterien, sogenannten Bakteriophagen und Hefen. „Die Belastung für unsere Tiere ist insgesamt sehr gering, vergleichbar mit einer Impfung und Blutuntersuchung beim Menschen“, erklärt Görlich.
Aus dem Blut der Alpakas gewannen die Wissenschaftler*innen im nächsten Schritt die Baupläne für rund eine Milliarde verschiedener Nanobodies. Alles Weitere war für Görlichs Team eine über viele Jahre perfektionierte Laborroutine: Die Biochemiker fischten aus der zunächst astronomischen Zahl von Nanobodies mit Bakteriophagen die besten heraus. In weiteren Schritten wurden diese auf ihre Wirksamkeit getestet und in mehreren Design-Zyklen immer weiter verbessert.
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Siehe ausführlich dazu die Quelle:
https://www.mpibpc.mpg.de/17995187/pr_2117?c=16668
Kommentar
Und wieder ein begründeter Hoffnungsschimmer gegen SARS-CoV-2/Covid-19. Hoffentlich können die
klinischen Tests belegen, was die Laboruntersuchungen und Tests an Alpakas versprechen. Dann wäre
das ein echter Durchbruch im Kampf gegen das SARS-CoV-2-Virus.
Ein vielversprechender Ansatz, zumindest im Hinblick auf die Bekämpfung von SARS-COV-2/Covi-19.
Angesichts der verwendeten Nano-Technologie verbleiben jedoch möglicherweise nicht unerhebliche
Risiken.
1 Nanometer ist ein milliardstel Meter (1 nm = 10 hoch -9 m) und Namensgeber der Nano-Technologie.
Einfach ausgedrückt ist alles mit der Größenbezeichnung "nano" so klein, dass es so ziemlich jeden
Bereich des menschlichen Organismus' erreichen und auch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke
überwinden könnte. Man kann nur hoffen, dass die Wissenschaftler berücksichtigt und ins Kalkül
gezogen haben, ob die "Nanobodies" dort etwas, und wenn ja, was sie dort anrichten könnten. Bislang
wurde dieses Problem in der Nano-Technologie meines Erachtens viel zu wenig berücksichtig, ob nun
bei Zahncremes, Reinigungs- und Politurmitteln, etc. und bei was auch immer Nanopartikel bereits
Verwendung finden. Im hier angesprochenen Zusammenhang kommt erschwerend hinzu, dass die nun
entwickelten "Nanobodies" sich durch eine ausgesprochen widerstandsfähige Haltbarkeit auszeichnen.