Spektrum. de - "Covid-19: Covid-Impfstoffe der zweiten Generation"
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Die gute Nachricht ist aber, dass Forscher an der Entwicklung von Impfstoffen der »zweiten Generation« arbeiten: Es stecken Stand Januar 2021 240 neue, zum Teil auf neuartigen Mechanismen beruhende Covid-Impfstoffe in der Entwicklung. Unter ihnen finden sich womöglich nicht nur wirksame, sondern vielleicht auch billige und einfacher zu verteilende Kandidaten. »Wir sitzen da auf einer Schatztruhe«, findet Altmann: »Den meisten Menschen ist das nicht bewusst, aber unter dem Radar hat die Vakzinologie in den vergangenen 15 Jahren eine ganze Reihe unglaublich pfiffiger Strategien entwickelt.«
Sich selbst vervielfältigende RNA (Imperial College London)
Zu den viel versprechenden Kandidaten zählen zum Beispiel Ansätze mit saRNA (Self-amplifying, also sich selbst vervielfältigender RNA). Ähnlich wie bei den zugelassenen mRNA-Impfstoffen wird bei diesem Verfahren genetisches Material des Virus direkt in menschliche Zellen eingeschleust, was den Körper dazu anregt, das berühmte »Spike«-Protein herzustellen, mit dem die Oberfläche von Sars-CoV-2 bedeckt ist. Wie bei den mRNA-Impfstoffen wird auch bei dem vom Imperial College entwickelten Impfstoff vom Imperial College London entwickelten Impfstoff nur das genetische Material und nicht das eigentliche Virus in den Körper geschleust. Das macht es sehr unwahrscheinlich, dass sich die Krankheit verschlimmert, wenn ein Mensch nach der Impfung infiziert wird.
Der Clou an diesem Impfstoff ist, dass er die körpereigenen Zellen in kontinuierlich produzierende Spike-Protein-Fabriken verwandelt – ohne dass dazu eine Auffrischungsimpfung nötig wäre. Und: ohne dass man große Mengen des Vakzins verimpfen muss, weil der gentechnisch modifizierte saRNA-Impfstoff nach der Injektion viele Kopien seiner selbst nachbauen kann. Die »selbstverstärkende« RNA lässt sich zudem in großen Mengen bei geringen Kosten herstellen. »Ich bin sehr gespannt darauf, ob sich dieser Ansatz vielleicht als ähnlich wirksam wie die Impfstoffe von Pfizer und Moderna erweist – nur noch besser«, sagt Altmann, der nicht direkt an der Entwicklung des Vakzins beteiligt war.
Protein-Untereinheit (Novavax)
Die Forscher des in Maryland ansässigen Start-ups Novavax haben sich darauf konzentriert, das eigentliche Spike-Protein selbst zu verabreichen (und nicht ein ganzes Virus oder genetisches Material). Sie entwickelten den Impfstoff, indem sie Mottenzellen so konstruierten, dass sie Spike-Proteine in Bioreaktoren kostengünstig produzieren können. Darüber hinaus kann ein solcher Impfstoff bei zwei bis acht Grad Celsius – der normalen Kühltemperatur – aufbewahrt werden, was die Verteilung wesentlich praktischer macht.
Der Trick bei diesem Ansatz ist die Zugabe eines »Adjuvans« – eines Zusatzstoffs, der die Reaktion des Immunsystems aufpeppt – aus Saponin, einer Verbindung aus der Rinde des chilenischen Seifenrindenbaums. »Die Technologie der künstlichen Proteine wurde in der Vergangenheit getestet und hat sich bewährt – ihre Herstellung dauert nur etwas länger als bei RNA«, erklärt Gregory Glenn, Präsident für Forschung und Entwicklung bei Novavax.
Gestaltete Protein-Nanopartikel (Institut für Proteindesign, Universität Washington)
Wie Novavax haben sich auch die Forscher der University of Washington dafür entschieden, Proteine von Sars-CoV-2 als Waffe ihrer Wahl einzusetzen. Doch anstatt das gesamte Spike-Protein zu injizieren, haben sie sich auf die »Achillesferse« des Virus konzentriert: die Rezeptorbindungsdomäne (RBD), also jenen Teil des Spike-Proteins, der direkt mit menschlichen Zellen verschmilzt. Neil King, Biochemiker am Institut für Proteindesign der Universität, hat einen Impfstoff entwickelt, der im Inneren von Nanopartikel-Kugeln, die Fußbällen ähneln, verabreicht wird.
Synthetisch hergestellte RBD-Proteine sind dabei an den Nanopartikeln angebracht. Durch dieses Design sei der Impfstoff in der Lage, mindestens zehnmal höhere Antikörperreaktionen hervorzurufen als solche, die das ganze, natürliche Spike-Protein verwenden, sagt King. »Wir nehmen nicht einfach existierende Proteine und verändern sie ein wenig – wir entwickeln völlig neue, die genau das tun, was wir wollen«, sagt er. Der Impfstoff wird derzeit in einem frühen Stadium, der Phase I, mit menschlichen Freiwilligen getestet. Wenn er erfolgreich ist, könnte er noch in diesem Jahr zugelassen werden.
Andere Impfstoffe in der Pipeline
Das sind nur einige Beispiele von in der Entwicklung befindlichen Impfstoffkandidaten. Andere verwenden konventionellere Designs, die dazu beitragen könnten, die Pandemie einzudämmen, wie etwa ein Impfstoff von Sinovac Biotech in China, der ein inaktiviertes Virus nutzt (eine Technik, die bei der Bekämpfung der Kinderlähmung eingesetzt wurde und noch immer in zahlreichen Grippeimpfstoffen verwendet wird).
Es bleibt abzuwarten, wie gut all diese Ansätze funktionieren werden. Aber bei so vielen viel versprechenden aktuellen Entwicklungen gibt es guten Grund zur Hoffnung, dass das Ende dieses Pandemie-Albtraums in Sicht ist."
Siehe vollständig dazu die Quelle:
https://www.spektrum.de/news/covid-19-co...ab-global-de-DE