FOCUS ONLINE Gesundheit - "Noch keine belastbaren Daten" - Lehnt sich weit aus dem Fenster": Merkels Impfabstands-Plan verwundert Virologen"
"Donnerstag, 04.03.2021, 22:13
Der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung soll auf ein Maximum ausgedehnt werden – sowohl bei Biontech als auch bei Astrazeneca. So will Bundeskanzlerin Angela Merkel in kurzer Zeit mehr Menschen immunisieren. Virologe Martin Stürmer sieht das kritisch.
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„Der Abstand zwischen der ersten und der zweiten Impfung bei Biontech und Astrazeneca soll maximal ausgenutzt werden.“ Das heißt, eine Zweitimpfung erfolgt immer erst zum Ende der Genehmigungsphase. Beim Biontech/Pfizer-Vakzin bedeutet das eine Zweitimpfung nach 42 Tagen, bei Astrazeneca nach zwölf Wochen.
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Astrazeneca erzielt beste Wirkung nach zwölf Wochen
„Ja, das Ganze bewegt sich im Rahmen der Zulassung“, räumt Virologe Martin Stürmer auf Nachfrage von FOCUS Online ein. „Aber ich sehe dieses Vorhaben dennoch sehr kritisch – zumindest beim mRNA-Impfstoff von Biontech.“
Den Abstand der Astrazeneca-Impfungen auszudehnen, hält Stürmer für gerechtfertigt. „Das haben auch die klinischen Studien gezeigt, den besten Effekt erzielt das Vakzin bei einem Abstand von zwölf Wochen.“ Diesen Abstand einzuhalten, empfehle er demnach jedem, der sich mit Astrazeneca impfen lasse.
Für Ausdehnung bei Biontech-Impfungen fehlen Daten
Kritisch sieht Stürmer die Erweiterung hingegen beim mRNA-Vakzin von Biontech. „Wir haben die Empfehlung, uns möglichst an die Studiendaten zu halten. Und diese sind mit einem Abstand von 21 Tagen angegeben worden. Dort liegt das Optimum der Impfwirkung und diese Daten wurden größtenteils mit einbezogen, um die Schutzwirkung zu bestimmen.“
Die Randdaten, also Daten bei einem Abstand von 42 Tagen, machten hingegen nur einen kleinen Teil der Studiendaten aus. „Der Großteil der Patienten wurde in einem Drei-Wochen-Rhythmus geimpft. Da lehnt sich Frau Merkel ziemlich weit aus dem Fenster, wenn sie diesen Abstand nun einfach verdoppelt.“
Warum der Abstand bei mRNA-Impfungen (vorerst) nicht erweitert werden sollte
Selbst das Robert-Koch-Institut, dem die Ständige Impfkommission (Stiko) zugehörig ist, räumt auf seiner Website ein: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es unsicher, ob man durch eine Verschiebung der zweiten Impfstoffdosis von 3 (Biontech) bzw. 4 (Moderna) Wochen auf einen späteren Zeitpunkt und eine damit einhergehende Erhöhung der Anzahl der zumindest einmalig Geimpften tatsächlich mehr schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindert als durch eine zeitnahe zweite Impfung der Hochrisikogruppen, welche dann zu einem nahezu vollständigen Schutz vor Erkrankung führt.“
Diese Aussage geht auf den Stand vom 29.01.2021 zurück und bezieht demnach zwar die Computer-Simulation von Lauterbach und Brockmann noch nicht mit ein. Es gibt aber noch weitere Gründe, die laut RKI dagegensprechen, den Abstand bei mRNA-Impfungen zu erweitern:
1. Mehrheit der Studienteilnehmer war unter 75
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2. Antikörperantwort ist nach erster Dosis niedriger
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3. Schwächere Immunantwort kann infektionsverstärkende Antikörper hervorrufen
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4. Teilimmunität könnte Escape-Mutationen fördern
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Virologe: Kann funktionieren – aber Daten geben (noch) keine Sicherheit
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Siehe ausführlich dazu die Quelle:
https://www.focus.de/gesundheit/news/abs...d_13047529.html
Kommentar
Dem kann ich mich anschließen. Was für die Beurteilung zählen kann, sind ausschließlich Fakten
und nicht von Hoffnungen getragene Vermutungen.
Ein Verfahren nach Vorbild des britischen Off-Label-Use* der Vakzine ist wegen des damit verbundenen
nicht einschätzbaren Risikos abzulehnen.
Der AstraZeneca-Impfstoff funktioniert nachgewiesenermaßen bei Verabreichung der Zweitimpfung
im Abstand von 12 Wochen am besten. Also steht einer Ausdehnung des Zeitrahmens nichts im Weg.
Für die mRNA-Impfstoffe ist die Faktenlage meines Erachtens allerdings bislang zu dünn, um über eine
derartige Ausdehnung nachzudenken. Im Sinn der Geimpften und letztlich auch der Allgemeinheit sollte
man daher vorerst bei einer Verimpfung der Zweitdosis im Rahmen von 3 (BioNTech) und 4 (Moderna)
Wochen bleiben, zumindest bis ausreichend belastbare Daten vorliegen, die auf eine Unschädlichkeit der
Verlängerung des Zeitabstands zwischen Erst- und Zweitimpfung schließen lassen.
* Als Off-Label-Use eines Impfstoffs bezeichnet man dessen Nutzung über den durch wissenschaftliche
Studien belegten Rahmen an Fakten hinaus, also einen Gebrauch außerhalb gesicherter Erkenntnisse.